Montag, 23. August 2010

Meine Wiener Hochflieger im ursprünglichen Hauptfarbenschlag hellgestorcht, meist Hellstörche genannt.(Junge 2010 und Altpaar auf Nest)









Alte Abbildungen von Wiener Hochfliegern, welche die lange Tradition dieser Hochflieger belegen.










Wiener Hochflieger mit großer Tradition

Schon im "Wiener Diarium", einer Vorläuferzeitung der 1703 gegründeten "Wiener Zeitung", stehen Berichte, die von der ausgeprägten "Taubenliebhaberei "der Wiener sprechen.Wie alle Wiener Tauben stammen auch die Vorfahren der Wiener Hochflieger aller Wahrscheinlichkeit nach aus Indien bzw. aus den dorthin führenden Regionen der ehemaligen Seidenstraße . Diese Annahme wird bekräftigt durch den Triester Schiffsarzt Dr. Binder, der auf einer Seereise im indischen Kalkutta 1887 auf Tauben traf, die den Wiener hellgestorchten Hochfliegern sehr ähnlich waren. Man kann demnach also davon ausgehen, dass die Einfuhr von Tümmlertauben aus Mittel- und Südasien über die Mittelmeerhäfen durch den Handel mit dem Orient erfolgte. Neben dem Seeweg kamen Vorläufer der heutigen Hochflieger auch auf dem Landweg im Zuge der Rückeroberung der osmanisch besetzten Gebiete über den Balkan nach Mitteleuropa, wo sie insbesondere in den Metropolen Budapest, Prag und vor allem in Wien zu Hochflugtauben geformt wurden. Unsere heutigen Hochflieger haben sich aus diesen Alt- Wiener Tümmlern zum mittelschnäbligen Flugtyp entwickelt. Im 18. Jahrhundert begann man europaweit die Taubenrassen durch gezielte Einkreuzungen zu differenzieren, wobei mit Sicherheit nicht nur nach Farbmerkmalen,sondern auch nach dem Flugverhalten selektiert wurde. Im alten Schrifttum werden die Wiener Tümmler oft auch als "Burzeltauben" bezeichnet, was als Indiz dafür gesehen werden könnte , dass die aus Indien stammenden Tauben anfangs noch purzelten, d.h. Überschläge im Flug zeigten. Bald jedoch müssen es aber auch Kriterien wie Flugstil, Flughöhe oder Flugdauer gewesen sein, nach denen die Taubenzüchter selektierten. In seinem 1837 erschienenen ornithologischen Werk, veröffentlichte der Mönch, Hilarion Jermann, aus Wien u. a. seine bekannt gewordenen Hinweise zur Pflege und Haltung der sog. "Kreisziehertauben". Dies deutet stark darauf hin, dass damals der Hochflug sehr verbreitet und in Mode gekommen war. Er nennt darin auch mehrere Farbenschläge der Wiener Tauben, darunter auch die bei den Wiener Hochfliegern so typischen hellgestorchten, oft nur als "Hellstörche" bezeichnet. Bei ihnen ist die Grundfarbe weiß, lediglich die Schwingen- und Schwanzspitzen sind blau-grau oder schwarz gesäumt .Sie gelten bis heute als der Urtyp der Wiener Hochflieger. Auch der Hochadel befasste sich mit Tauben und so ließ Kaiser Franz I.zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Park seines Schlosses Schönbrunn Hochflugtauben züchten und fliegen. Damals wie heute wird das in Wien "jauken"genannt, was nicht anderes bedeutet, als dass man seine Tauben zum Flug aufläßt. Um 1850 erlebte der Hochflugsport seine erste Blüte und an warmen Sommertagen sollen, wie glaubhaft überliefert ist, bis zu 200 Schwärme, die man als " Stiche" bezeichnet, am Himmel über Wien ihre wilden Achterflüge gezeigt haben. Es gab große Konkurrenz und jeder wollte noch leistungsfähigere Tauben sein eigen nennen und so sind über Jahrzehnte andauernder Selektion die heute weltberühmten "Vollblutwiener" erzüchtet worden. Legendär war der Lerchenfelder Taubenmarkt in der österreichischen Metropole, wo ab ca. 1860 über mehr als zwei Jahrzehnte lang der Taubenhandel ablief. Nach der Schließung dieses Marktes1884 trafen sich die "Jauker" und Taubenzüchter in Gaststätten , den sog. "Tischgesellschaften", aus denen später die Wiener Taubenvereine entstanden sind. Von 1896 bis in die 1960er Jahre war das Gasthaus Strohmeier Dreh- und Angelpunkt der Wiener Flugtaubenszene. Am 6. Januar 1856 wurde in Wien in der Gastwirtschaft "Zur Traube"die erste Taubenschau abgehalten, in der Flug- und Ausstellungstauben gemeinsam gezeigt wurden. 1922 vereinigten sich mehrere Taubenclubs zum "Komitee der vereinigten Hochflugtaubenvereine Österreichs" und gaben so dem Flugtaubensport einen enormen Auftrieb. Von diesem "Komitee" wurde auch der bis heute gültige Standard für Wiener Hochflieger geschaffen. Seither werden Wiener Hochflieger in Österreich neben den sog "Ziertümmlern", die wir heute im Standard als Wiener Tümmler bezeichnen, auch ausgestellt und sind ein wichtiger Bestandteil des Schauwesens geworden. Der "Flugtaubenvirus" sprang nach dem Ersten Weltkrieg von Wien auch auf die Nachbarländer in die Schweiz und besonders Deutschland über und die Flugtaubenfreunde in Berlin, Hamburg oder Magdeburg wollten nun auch mit diesen temperamentvollen und eleganten Flugtauben fliegen. Bis heute hat der Wiener Hochflieger nichts von seiner Faszination verloren und er gehört mit Sicherheit zu den bekanntesten Hochflugrassen der Welt. Auch wenn in unserer Zeit die Taubenzucht insgesamt und der Hochflug im besonderen recht schwierig geworden sind, finden sich doch immer wieder neue Taubenfreunde, die dieses lebende, alte Kulturgut erhalten, indem sie den traditionsreichen Wiener Hochfliegern unentwegt die Treue halten und sich täglich an ihrem unübertroffenen Flugspiel erfreuen.